Versteckte Botschaften im Arbeitszeugnis: Das bedeuten Zeugnisformulierungen wirklich

Zeugnissprache kann schnell zum Rätsel werden. Viele Aussagen, die zunächst schwammig wirken, sind in der Zeugnissprache feste Formulierungen und Floskeln, die Hinweise über den Arbeitnehmer enthalten. Da kann das Lesen des Zeugnisses schnell mal zum Entschlüsseln eines geheimen Codes werden. Wir übersetzen hier die wichtigsten Zeugnisformulierungen in ihre tatsächlichen Aussagen.

Beispielfoto eines Arbeitszeugnis.
Die Formulierungen im Arbeitszeugnis können schnell zum Rätsel werden. Wir übersetzen die Zeugnissprache und erklären, was sie bedeutet.

Formulierungen übersetzen und verstehen

Ein Arbeitszeugnis besteht grundsätzlich aus verschiedenen Teilen und sollte ungefähr ein bis zwei DIN A4 Seiten umfassen. In jeglichen Bereichen können unterschwellige Bewertungen einfließen, die nicht nur der zukünftige Chef, sondern auch Sie selbst verstehen sollten. Der Geheimcode in Bezug auf Zeugnisformulierungen wird verwendet, weil es in Deutschland untersagt ist eine offen negative oder sogar vernichtende Wortwahl zu nutzen. Kritik am Arbeitnehmer kann deshalb nur indirekt ausgesprochen werden.

Im Prinzip wird auch in Arbeitszeugnissen mit Schulnoten gearbeitet, die jedoch in bestimmten Formulierungen und Umschreibungen versteckt sind. Durch diese Formulierungen kann der zukünftige Arbeitgeber die Leistungen des Arbeitsnehmers ablesen und diese entsprechend einordnen: 

Sehr gut:

Formulierungen wie „zu unserer vollsten/uneingeschränkten Zufriedenheit“ drücken grundsätzlich eine sehr gute Bewertung aus. Diese Formulierung hat sich als Zeugnisformulierung für sehr gute Leistungen etabliert. Auch wenn der Arbeitgeber mit Ihren Leistungen „außerordentlich zufrieden“ ist oder Sie Ihre „Aufgaben stets selbstständig und mit äußerster Sorgfalt und Genauigkeit“ erledigt haben, steht dies für die beste Schulnote. Wenn im Zeugnis Wörter wie „stets“ oder „in jeder Hinsicht“ in Kombination mit Superlativen wie „außerordentlich“, „uneingeschränkt“, „in allerbester Weise“ oder „in höchstem Maße“ auftauchen, ist das Arbeitszeugnis ein sehr gutes. Weitere Beispiele für sehr gute Formulierungen sind:

  • „Er erzielte herausragende Arbeitsergebnisse und zeigte außergewöhnliches Engagement.“
  • „Er hat den Erwartungen in jeder Hinsicht und allerbester Weise entsprochen“ 
  • „Im Umgang mit Vorgesetzten und Mitarbeitern war er stets zuvorkommend, freundlich und korrekt.“
Gut: 

Gut: „Stets zur vollen Zufriedenheit“ oder „jederzeit gut“ verweisen auf eine gute Leistung. Auch diese Note wird durch Begriffe wie „stets“ und „immer“ beschrieben, aber in abgeschwächter Form wie durch Wörter wie „voll“ oder „besonders“: „Wir waren mit den Leistungen immer voll und ganz zufrieden“ ist eine beispielhafte Formulierung für ein gutes Arbeitszeugnis. Weitere Beispiele:

  • „Sie erledigte die Aufgaben mit äußerster Sorgfalt und Genauigkeit.“
  • „Sie arbeitete stets zuverlässig und äußerst gewissenhaft.“
  • „Sie zeigte stets überdurchschnittliche Arbeitsqualität und Initiative.“
Befriedigend

Befriedigend: „Hat die Aufgaben zur vollen Zufriedenheit erfüllt“ – schon durch das Weglassen von stets oder jederzeit sinkt die Bewertung. Nuancen und einzelne Wörter entscheiden hier. Andere Zeugnisformulierungen, die die Schulnote 3 ausdrücken sind:

  • „Er erledigte die zugeteilte Arbeiten zufriedenstellend.“ 
  • „Er arbeitete gewissenhaft und zuverlässig.“
  • „Er war bei der Arbeit sorgfältig und genau.“
  • „Er zeigte Engagement und Initiative.“ 
  • „Wir waren mit ihren Leistungen jederzeit zufrieden.“
Ausreichend oder schlechter: 

Auch wenn Formulierungen wie „zu unserer Zufriedenheit“, „hat den Erwartungen entsprochen“, „hat sich bemüht den Aufgaben/Erwartungen gerecht zu werden“ oder „Aufgaben erledigte er in der Regel zu unserer Zufriedenheit“ eigentlich recht positiv wirken, sind sie eher eine unterdurchschnittliche Bewertung der Leistungen. Weitere Aussagen, die auf schwache Leistungen hinweisen:

  • „ordnungsgemäß“
  • „Sie hat unseren Erwartungen entsprochen.“
  • „Sie hat sich im Rahmen seiner Fähigkeiten eingesetzt.“ 
  • „Ihr Verhalten war ohne Tadel.“ 
  • „Sie war in der Regel erfolgreich.“

Codes zum Sozialverhalten

Auch im Teil, der das Verhalten des Arbeitsnehmers beschreibt, werden immer wieder Beschreibungen verwendet, die implizit etwas anderes, teilweise sogar Gegenteiliges, sagen wollen. Hier einige Beispiele:

  • „… hat ein kommunikatives Wesen oder war ein gesuchter Gesprächspartner...”
    = geschwätziger Mitarbeiter
  • „… hat durch die Geselligkeit zur Verbesserung des Betriebsklimas beigetragen…”
    = fiel auf Firmenfeiern öfter durch den Alkoholgenuss auf
  • „… hat sich bemüht den Anforderungen gerecht zu werden.”
    = der Wille war vorhanden, aber vielmehr nicht
  • „… verfügt über ein gesundes Selbstbewusstsein.”
    = ist eher arrogant und überheblich
  • „… war seinen Mitarbeitern ein verständnisvoller Vorgesetzter.”
    = besaß kaum Durchsetzungsstärke und wurde nicht respektiert
  • „… war ein gegenüber Kollegen zurückhaltender und korrekter Mitarbeiter, der gern allein arbeitete.”
    = Einzelgänger und Außenseiter
  • „… zeichnete sich durch vorbildliche Pünktlichkeit aus.”
    = Pünktlichkeit ist selbstverständlich: Wenn dieser Punkt erwähnt wird, sind wohl sonst keine besonderen Leistungen vorzuweisen
  • „… zeigte ein einwandfreies Verhalten gegenüber den Kollegen.”
    = von den Vorgesetzten ist hier keine Rede
  • „… Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern bot keinen Grund zur Beanstandung.”
    = Mitarbeiter war korrekt aber nicht beliebt
  • „… scheidet aus, um in einem anderen Unternehmen eine höherwertige Tätigkeit zu übernehmen.”
    = Arbeitgeber traute dem Mitarbeiter keine höhere Position zu
  • „… koordinierte die Arbeit der Mitarbeiter und gab klare Anweisungen.”
    = Arbeit beschränkte sich aufs Delegieren von Aufgaben
  • „… Mitarbeiter mit Einfühlungsvermögen.”
    = kann durch sexuelle Belästigung von Mitarbeitern auf sich aufmerksam gemacht haben
  • „…hat sich im Rahmen seiner Fähigkeiten eingesetzt.”
    = hat getan was er konnte, Fähigkeiten halten sich aber in Grenzen

Kündigungsgrund und Schlussformel

Auch Schlussformel und Kündigungsgrund sind gleichzeitig immer eine unterschwellige Bewertung. „Herr Müller verlässt uns auf eigenen Wunsch. Wir bedauern sein Ausscheiden sehr und wünschen Ihm für die Zukunft alles Gute.“  „Er verlässt uns auf eigenen Wunsch, was wir außerordentlich bedauern.“ Diese Schlusssätze zeigen, dass das Unternehmen den Arbeitnehmer nur ungern verliert und machen beim zukünftigen Arbeitgeber einen guten Eindruck. Dies passt zu einer guten oder sehr guten Bewertung. Wird kein Bedauern ausgedrückt, ist es dem Unternehmen ganz recht, dass der Angestellte nun ausscheidet. Der Verweis auf einvernehmliche Trennung zeigt entweder, dass der Mitarbeiter gekündigt wurde oder aber sein Weggang nicht groß bedauert wird. „Das Arbeitsverhältnis endet am 17.06.2016“ verweist auf eine fristlose Kündigung und macht einen weniger guten Eindruck. Dies ist für das Zeugnis eine eher kritische Formulierung, die künftige Bewerbungschancen mindern kann. Ob allerdings überhaupt eine Abschlussformel eingefügt wird, bleibt dem Arbeitgeber gerichtlich überlassen. Das Fehlen einer Schlussformulierung oder eines Dankes wird oftmals als negatives Zeichen gesehen. Auch bei der Schlussformulierung kommt es auf kleine Nuancen an, die die Gesamtwirkung des Zeugnisses ausmachen können.

Doch so schwer ist es nicht die Zeugnissprache zu durchschauen – einfach mit unseren Beispielen abgleichen. Eine gute Selbsteinschätzung ist dabei natürlich auch immer ganz gut!

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