Wohnung streichen bei Auszug – was Mieter in Deutschland wissen müssen

Beim Auszug stellt sich fast immer dieselbe Frage: Muss ich die Wohnung streichen oder renovieren? Viele Mieter:innen gehen davon aus, dass sie die Räume frisch gestrichen übergeben müssen. Tatsächlich gibt es dafür aber keine pauschale gesetzliche Pflicht. Ob eine Renovierung beim Auszug nötig ist, hängt vom Mietvertrag, der aktuellen Rechtsprechung und vom Zustand der Wohnung ab. Im Folgenden erfahren Sie, wann das Streichen beim Auszug verpflichtend ist, was unter Schönheitsreparaturen fällt und wer am Ende die Kosten trägt.

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Grund­legende Rechts­lage in Deutschland

Nach deutschem Mietrecht (§ 535 BGB) ist grundsätzlich der Ver­mieter verpflichtet, die Wohnung instand zu halten. Mieter:innen müssen sie beim Auszug lediglich „vertrags­gemäß“ zurück­geben (§ 546 BGB) – also so, wie es im Mietvertrag vereinbart wurde. Das bedeutet: Keine automatische Renovierungs­pflicht beim Aus­zug. Wenn im Miet­vertrag keine wirksame Renovierungs­klausel enthalten ist, reicht es meist aus, die Wohnung besenrein zu über­geben – also sauber, leer und ordentlich, aber nicht zwingend gestrichen. 

Tipp: Im Über­gabe­protokoll ist oft fest­gehalten, in welchem Zu­stand die Wohnung beim Einzug war. Das kann ent­scheidend sein, falls es später Un­klarheiten gibt. Die Rück­gabe in besen­reinem, geräumtem Zustand genügt in der Regel; ein „frisch gestrichen“ ist rechtlich nicht erforderlich.

Miet­vertrag prüfen – wann Renovierungs­klauseln wirksam sind

Die Renovierungs­pflicht beim Auszug ergibt sich nur aus dem Miet­vertrag – und viele dieser Regelungen sind rechtlich nicht haltbar.

Unrenoviert über­nommene Wohnung

Wurde die Wohnung unrenoviert übernommen, darf der Ver­mieter keine Renovierungs­pflicht auf­erlegen – es sei denn, der Mieter hat dafür einen angemessenen Aus­gleich bekommen, zum Beispiel eine Miet­minderung. Das hat der Bundes­gerichts­hof (BGH) 2015 entschieden.

Wichtig: Im Streitfall trägt der Mieter die Beweislast, dass die Wohnung tatsächlich unrenoviert übergeben wurde. Fotos und ein unterschriebenes Übergabeprotokoll sind daher Gold wert.

Starre Fristen sind unwirksam

Klauseln, die feste Zeit­räume für Schönheits­reparaturen festlegen – etwa „alle drei Jahre streichen“ oder „bei Aus­zug immer renovieren“ – sind un­wirk­sam. Sie benachteiligen Mieter:innen, weil sie den tatsächlichen Zu­stand der Wohnung nicht berücksichtigen.

Quoten­abgeltungs­klauseln

Auch Formulierungen, nach denen Mieter:innen anteilig Kosten für noch nicht fällige Renovierungen über­nehmen sollen, sind laut BGH un­wirksam. Sie gelten als un­an­gemessene Benachteiligung.

Farbwahl und Weiß­pflicht

Der Vermieter darf keine bestimmte Farb­marke oder einen exakten Weiß­ton vor­schreiben. Zulässig ist nur die Forderung nach neutralen, hellen Farben, wenn tatsächlich eine Renovierungs­pflicht besteht. Klauseln, die eine Fach­firma vor­schreiben, sind ebenfalls un­wirksam – erlaubt ist nur eine fach­ge­rechte Aus­führung, die Mieter:innen auch selbst erledigen können.

Wichtige BGH-Ur­teile zur Renovierungs­pflicht beim Aus­zug

Die Rechts­prechung des Bundes­gerichts­hofs (BGH) hat in den vergangenen Jahren maß­geblich fest­ge­legt, wann Mieter:innen beim Auszug renovieren müssen – und wann nicht.

  • BGH, 23. Juni 2004 (VIII ZR 361/03): Klauseln mit starren Renovierungsfristen oder der Pflicht zur Endrenovierung beim Auszug sind unwirksam, wenn sie Mieter:innen unabhängig vom tatsächlichen Zustand der Wohnung zur Renovierung verpflichten. Das Urteil gilt als Grundsatzentscheidung und bildet die Grundlage der heutigen Rechtsprechung zu Schönheitsreparaturen. 

  • BGH, 18. März 2015 (VIII ZR 242/13): Mieter:innen müssen eine unrenoviert übernommene Wohnung beim Auszug nicht renovieren, wenn sie keinen angemessenen Ausgleich erhalten haben. Eine Renovierungspflicht besteht nur, wenn die Wohnung renoviert übergeben wurde oder der Vermieter bei unrenovierter Übergabe eine Gegenleistung gewährt hat (z. B. Mietnachlass). 

  • BGH, 8. Juli 2020 (VIII ZR 163/18 und VIII ZR 270/18): Haben Mieter:innen eine unrenovierte, aber inzwischen stark abgewohnte Wohnung, kann der Vermieter zur Renovierung verpflichtet sein, wenn die Wohnung sonst nicht mehr bewohnbar ist. In solchen Fällen kann der Vermieter eine angemessene Kostenbeteiligung des Mieters verlangen – nach BGH regelmäßig zur Hälfte. 

  • BGH, 22. März 2023 (VIII ZB 43/23): Im Streitfall liegt die Beweislast beim Mieter: Er muss nachweisen können, dass die Wohnung beim Einzug unrenoviert übergeben wurde, um sich auf die Unwirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel zu berufen. Fehlt dieser Nachweis, gilt die Klausel grundsätzlich als wirksam.

Diese Urteile zeigen die Entt­wicklung der Recht­sprechung deutlich: von der grundt­sätzlichen Abt­lehnung starrer Fristen über die Präzisierung der Aust­nahmen bei unt­renoviert übert­nommenen Wohnungen bis hin zur aktuellen Beweist­lastt­regelung. Sie verdeutlichen, wie wichtig es ist, Miett­vert­träge regelt­mäßig auf ihre Aktualität zu prüfen und den Zustand der Wohnung beim Einzug sorgt­fältig zu dokumentieren.

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Schönheits­reparaturen oder Schäden – was ist Pflicht?

Ob beim Auszug gestrichen werden muss, hängt auch davon ab, ob es sich um normale Ab­nutzung oder um tatsächliche Schäden handelt. Zu den typischen Schönheits­reparaturen gehören das Streichen von Wänden, Decken, Heiz­körpern, Türen und Fenster­rahmen sowie das Tapezieren. Das sind Arbeiten, die Spuren des Wohnens beseitigen. Wenn Wände jedoch stark ver­schmutzt, beschädigt oder in auf­fälligen Farben gestrichen sind, kann der Ver­mieter verlangen, dass sie wieder neutral gestaltet werden. Das gilt insbesondere dann, wenn der aktuelle Zustand die Ver­miet­barkeit beeinträchtigt. Entscheidend ist der Gesamt­ein­druck der Wohnung – kleine Gebrauchs­spuren sind erlaubt, solange das Gesamt­bild gepflegt wirkt. Nicht zu den Schönheits­reparaturen zählen Instand­haltungs- oder Instandsetzungs­maß­nahmen wie die Reparatur defekter Steck­dosen, Heizungen oder Sanitär­anlagen. Diese Arbeiten sind Vermieter­sache.

Wer muss beim Aus­zug streichen?

Ob Mieter oder Ver­mieter für die Renovierung beim Auszug zu­ständig ist, hängt von der Ver­trags­lage ab. Wenn eine wirksame Renovierungs­klausel besteht und die Wohnung beim Einzug renoviert war, muss der Mieter streichen. Wurde die Wohnung un­renoviert über­geben und kein Aus­gleich vereinbart, bleibt der Vermieter zu­ständig. In manchen Fällen kann laut BGH eine Kosten­beteiligung ver­ein­bart werden, wenn beide Seiten von der Renovierung profitieren. Hat der Mieter ohne wirksame Ver­pflichtung renoviert, kann er die Kosten grund­sätzlich binnen sechs Monaten nach Miet­ende zurück­verlangen (§ 548 Abs. 2 BGB).

Praktische Tipps für Mieter beim Auszug

Bevor Sie zur Farbrolle greifen, sollten Sie den Vertrag und den Zustand der Wohnung genau prüfen.

Vorbereitung und Dokumentation

  • Mietvertrag und Übergabeprotokoll sorgfältig durchlesen 
  • Zustand mit Fotos dokumentieren 
  • Streitpunkte frühzeitig mit dem Vermieter klären

Kleine Arbeiten selbst erledigen

Kleine Schönheits­reparaturen beim Aus­zug – etwa das Schließen von Dübel­löchern oder das Aus­bessern kleiner Stellen – können meist problem­los selbst erledigt werden. Achten Sie beim Streichen auf neutrale Farb­töne, saubere Ränder und gleich­mäßige Deck­kraft, damit die Wohnung ordentlich über­geben werden kann.

Wann sich ein Profi lohnt

Bei größeren Flächen, stark verschmutzten Wänden oder intensiven Farbtönen lohnt es sich, einen Fachbetrieb zu beauftragen. Das spart Zeit – und sorgt für einen einwandfreien Eindruck bei der Wohnungsabnahme. 

Tipp: Wenn im Mietvertrag zusätzlich Kleinreparaturklauseln stehen, prüfen Sie, ob darin eine Höchstgrenze genannt ist. Nur dann sind solche Regelungen wirksam.

Häufige Irrtümer und Fragen

Muss ich immer weiß streichen? 
Nein. Es genügt, wenn die Wohnung in neutralen, hellen Farben übergeben wird.

Gilt die Renovierungspflicht auch nach kurzer Mietzeit? 
Nur, wenn die Klausel wirksam ist und der Zustand eine Renovierung rechtfertigt.

Was bedeutet „besenrein“ genau? 
Die Wohnung sollte gefegt, frei von Müll und grob gereinigt sein – aber sie muss nicht frisch gestrichen sein.

Kann der Vermieter eine bestimmte Marke verlangen? 
Nein. Farbmarken oder exakte Farbtöne dürfen nicht vorgeschrieben werden.

Muss ich Tapeten entfernen? 
Nur, wenn Sie sie selbst angebracht haben oder der Vertrag das ausdrücklich und wirksam vorsieht. Alte Tapeten aus der Vormietzeit müssen Sie in der Regel nicht entfernen.

Fazit

Beim Wohnung streichen beim Auszug gilt: Es gibt keine pauschale Pflicht, sondern immer eine Einzelfallentscheidung. Maßgeblich sind der Mietvertrag, die Rechtsprechung und der Zustand der Wohnung. Mieter:innen sollten daher frühzeitig prüfen, welche Regelungen im Vertrag stehen, und nur die Arbeiten übernehmen, zu denen sie tatsächlich verpflichtet sind. Wer unsicher ist, kann sich beim Mieterverein oder einer Rechtsanwältin bzw. einem Rechtsanwalt beraten lassen. Und: Die Dokumentation beim Einzug kann im Streitfall entscheidend sein.

Hinweis: Dieser Artikel wurde sorgfältig recherchiert und dient ausschließlich der allgemeinen Information. Er ersetzt keine Rechtsberatung. Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr auf Vollständigkeit und Aktualität.

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